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WKZ, 10.6.2008
Famos, genial, bekloppt

"As you like it" im Strümpfelbacher Theater an der Linde


Von unserem Mitarbeiter Michael Riediger
Weinstadt.

Was für eine schräge, schrill komische . . . ja was eigentlich? Band? Eine Tuba grunzt, eine Bassklarinette klagt, dazu haut einer auf die Steel Drums, es klingt hell, hohl, hallend bei "As you like it" und sehr eigen - so, wie es ihnen offenbar gefällt in Strümpfelbachs erneut rappelvollem Theater an der Linde, in engstem Kreis vor kleinem, aber jedem Experiment offenen Publikum.

Dieses Publikum lacht und applaudiert hingerissen, wenn sich zunächst, nach Tiergeräuschen vom Band, dunkel in Weste und auch mal in Perücken gekleidete Freaks an ebenso seltsamen Instrumenten zu schaffen machen. Zuhörer, die es zu schätzen wissen, wie diese Musiker-Magier hinter ungeraden Takten die Strukturen aufscheinen lassen, wie sie Krummes begradigen und Gerades verbiegen. Ein Publikum, das staunt, wenn die Klappen der Bassklarinette klappern, das indische Harmonium quietscht und quetscht wie eine rostige Tür, hinter der exotische Geheimnisse lauern, oder einer mit dem Geigenbogen über ein Stahlgerüst streicht, bis ein unheimliches Heulen leise durch den Raum raunt und flüstert von Zauber, Zirkus und Fantasie.

Sie nennen sich "Band": Philipp Haagen, Frank Kroll und Bernd Settelmeyer, die zusammen als "As you like it" auftreten. Die drei Musiker zwischen Jazz und Avantgarde gründeten ihr Ensemble anlässlich einer Produktion des Staatstheaters Stuttgart (Regie: Thomas Dannemann). Eine "gewagte Inszenierung", so Haagen, wie seine Kollegen mehrfacher Jazzpreisträger und neuerdings in Stuttgart ansässig, wo Kroll und Settelmeyer schon länger musikalische Grenzgänger-Dienste leisten.

Ihre Darbietung in Strümpfelbach demonstriert, wie sich Musik in sozusagen erzählenden Klängen verlieren und doch nie ihre Faszination aufgeben kann, auch in struktureller Hinsicht. Hier wirkt nichts beliebig, sondern alles zwingend, auch wenn sich die Musiker Freiheiten nehmen. Ein Stück heißt "Allemande", laut Haagen ein Beispiel, dass das Trio "nicht nur Bizarres, sondern auch Gefälliges" zu machen wisse. Der Regisseur habe sich ein Menuett gewünscht, das Trio aber wollte es im
4/4. Es stülpt sich weiße Rokoko-Perücken über, nimmt eine devote Hofmusiker-Haltung ein - und grunzt und hupt derart archaisch los, dass jeder Fürst die Abmahnung geschrieben hätte.

In einem anderen Stück, "Vietnam", kommen vietnamesische Tempel-Trommeln zum Zuge, von Settelmeyer in geradezu manischer, "bekloppter" Versunkenheit beklopft. Ein anderes Mal trommelt der Percussionist mit den Sticks überall hin: auf Pfosten, auf Balken, auf den Boden, während Krolls traurige Bassklarinette mit der Tuba um die Wette grunzt. Der "As you like it"-Stil: Musik in meist ungeraden Takten oder aber derart waidwunde Walzer oder sonstwie tolle Tanz-Torsos, dass sie allesamt eher Komik als freudig ausgelebte Motorik motivieren. Und eher im Kopf als im Körper passieren.

Bizarrer Jazz, groteske Filmmusik, Zirkus-Melancholie. Wie sie Musik-Spießern kaum, dem Strümpelbacher Publikum aber ausnehmend gut gefällt. "As you like it" spielen demnächst im Staatstheater Stuttgart: am 16. Juni, 10. und 18. Juli.
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zuletzt aktualisiert am 17.6.2008