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LIPPISCHE LANDESZEITUNG vom 2.6.2005
LOBGESANG UND SPHÄRENKLÄNGE
Die Städtische Musikschule Lage lud zu einem Rezitationsabend mit Musik ein: Die Leiden des jungen Schiller


Leichte Kost wurde lediglich in Form köstlicher Spargelgerichte serviert. Ansonsten bot die Musikschule im Technikum bei einer Lesung mit wenig bekannten Schiller-Texten Sprachkunst vom Feinsten, die allerdings die Gefühle der Gegenwart kaum tangiert.

Unterstützt wurde die Rezitation durch außergewöhnliche Theatermusik, von den Bedüfrnissen der Bühnen befreit und teils völlig neu arrangiert. "In unserer Seele schlafen alle Charaktere in ihren Urstoffen, alle Geburten unserer Phantasie sind also nur wir selbst", heißt es in einem Brief des 24-jährigen Friedrich Schiller. Zu seiner Jugend gehörten die expressiven Formulierungen der von "Sturm und Drang" geprägten Zeit.

Nur der Vortragskunst von Frank Arnold ist es zu verdanken, dass die in frühen Jahren entstandenen Poeme überhaupt heutige Zeitgenossen berühren können. So überhöht der Dichter ein Fräulein namens Laura fast wie seinerzeit Petrarca seine Angebetete gleichen Namens. Nur um ihr Lächeln zu gewinnen, beschwört er sämtliche Götter Griechenlands.

Immerhin gelangt er zu dem heute noch gültigen, irdischen Fazit: "Was man von der Minute ausgeschlagen, gibt keine Ewigkeit zurück." Ebenso wird auch die gesamte Antike, offenbar ausschließlich von Heroen bevölkert, in einer Form idealisiert, die später Jean Jacques Rousseau mit seinem "edlen Wilden" wiederholen sollte, der niemals existierte.

Vertrauter waren dann doch die später entstandenen Balladen, die der in Berlin geborene Schauspieler, Regisseur und Sprecher darbot. Hier wird die ungebrochene Aktualität des Dichters deutlich. Das gilt für die im "Ring des Polykrates" beschworene Gefahr des übergroßen Glücks ebenso wie für den im "Handschuh" gepriesenen, berechtigten Manne stolz. Speziell aus solchen Werken haben zahlreiche Formulierungen heute noch als Zitate oder umgangssprachliche Wendungen überlebt. Fritz Feger und Philipp Haagen, Bühnenmusiker und Komponisten, begeisterten zwischen den Texten mit ihrem souveränen und fabelhaften Spiel auf klassischen, aber auch teils abenteuerlich exotisch anmutenden Instrumenten.

Abstrahierend oder illustrierend, erzeugten sie surrealistische Effekte, die an sphärische "Star Wars" oder andere Science Fiction-Filme gemahnten. Dazu kam der Gesang von Fritz Feger, meist mit eigener Cello-Begleitung - mit schriller bis greller Kopfstimme, dann wieder volltönend kräftig oder auch ein mal fast krächzend.

Beide Teile des Programms hätten eigentlich nichts miteinander zu tun, wurde eingangs in schöner Offenheit zugegeben. Doch bei der abschließenden Ballade vom Taucher, die das Thema menschlicher Hybris behandelt, fanden die drei Künstler dann doch zusammen.

Nevermann
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zuletzt aktualisiert am 2.11.2005